Handlungsereignisse

Narrative is made up of successive plot events, each of which causes a change.

Was genau ist ein Handlungsereignis?

Wir sprechen hier über Ereignisse, da der sonst übliche Ausdruck Szene zu allgemein ist und unterschiedliche Bedeutung für die einzelnen Medienformate hat. Eine Szene kann außerdem aus mehr als einem Ereignis bestehen.
Ein Handlungsereignis in einer Story erfordert drei Elemente: Figuren, Funktion und – womöglich das wichtigste – einen Unterschied zwischen Erwartungshaltung und Ergebnis.

Figuren

Figuren, die Handlungsereignisse auslösen, machen wesentlich die Geschichte aus. Ein Plot funktioniert nicht, wenn es keine Figuren gibt (Menschen, Tiere, Roboter, Außerirdische – was auch immer), die Entscheidungen fällen und Taten ausführen. Eine Figur ist keine Figur mit narrativer Funktion, solange sie nicht handelt.

Funktion

Ein Handlungsereignis hat eine Funktion innerhalb der Geschichte: Es verändert etwas – entweder im Plot oder an der Art, wie der Leser/Zuschauer die Figuren wahrnimmt. Wenn ein Ereignis nichts bewirkt, empfinden wir es wahrscheinlich als langweilig und redundant.

Erwartung und Ergebnis

Die interne Struktur eines Ereignisses erzeugt Spannung bzw. einen Konflikt zwischen der Erwartung von dem Ergebnis einer Handlung und dem tatsächlichen Resultat. Die Diskrepanz zwischen Erwartungshaltung und realem Ausgang einer Situation erzeugt Überraschungseffekte und dramatische Ironie – sofern wir bereits wissen, dass die Erwartung der Figur nicht erfüllt wird. Auf Dauer wird es langweilig, wenn in einer Geschichte alles, was eine Figur geplant hat, immer genauso eintritt wie erwünscht. Ein Autor sollte dies also für jedes Ereignis bedenken.

Der Unterschied oder die Lücke zwischen dem, was gewünscht wird, und dem, was ist, erzeugt Spannung.

Aufbau einer Szene

Ein Handlungsereignis wird durch ein Verb beschrieben, das eine Aktion ausdrückt, die zu einer Veränderung der Situation führt.

„Mann“ ist demnach keine ausreichende Bezeichnung.

“Ein Mann sitzt in einem Raum” kann ein Stichwort für ein Handlungsereignis sein, bezeichnet jedoch keine Aktion, da die Figur passiv ist und sich die Situation nicht verändert.

“Ein alter Mann in einem Hotelzimmer erhebt sich von der Bettkante und schlurft zum Fenster” beschreibt die Figur in Aktion, erklärt aber nicht den Zweck.

“Ein alter Mann in einem Hotelzimmer erhebt sich von der Bettkante und schlurft zum Fenster, will es öffnen und hinausspringen, muss aber enttäuscht feststellen, dass es verschlossen ist” ist formal ein Handlungsereignis, da die Figur eine Absicht ausführt und am Ende nicht das gewünschte Ergebnis erzielt. Die Funktion dieses Ereignisses – oder zumindest eine Funktion – ist es zu verdeutlichen, dass die Figur Selbstmordabsichten hat.

Im Idealfall würde jetzt noch etwas weiteres passieren. Wie verändern sich die Umstände des alten Mannes, weil seine Hoffnungen enttäuscht wurden? Vielleicht schaut er zum ersten Mal tatsächlich auf den Ausblick aus dem verschlossenen Fenster. Und sieht … was? Einen Sonnenuntergang? Schöne Bäume? Etwas, das ihn an eine wunderbare Erfahrung aus seiner Vergangenheit erinnert und ihn zum Umdenken bringt? Wenn er eine neue Einsicht gewinnt, dann ist die Szene weitestgehend komplett.

Das Tüpfelchen auf dem i wäre, wenn zum Beispiel die durch die neue Erkenntnis ausgelösten Emotionen in Konflikt mit den alten stehen, die noch nicht ganz bewältigt sind. Wenn das Publikum einerseits erleichtert ist, andererseits aber vielleicht die Not des alten Mannes verstanden und seine Lösung akzeptiert hatte. Die Hoffnung siegt, aber der Zweifel bleibt.

Die Autor*in (oder die Erzähler*in) hätte uns auch einfach sagen können, dass die Figur deprimiert ist und über Selbstmord nachdenkt. Eine solche Ausführung ist jedoch nie so effektiv wie eine verfolgbare Handlung. Das Publikum will sehen, dass etwas passiert. Daher ist es für Autor*innen sehr wichtig, Ereignisse zu finden, die solche Informationen vermitteln, vor allem, wenn es um die inneren Gefühle einer Figur geht, über die sie vielleicht mit niemandem spricht. Handlungsereignisse dramatisieren die Informationen der Geschichte. Sie zeigen eher, als dass sie sie erklären. Das ist gemeint mit dem Spruch, „Show don’t tell“.

Wenn es Ihnen gelingt, Ihr Publikum dazu zu bringen, Ungewissheit über den Ausgang des Ereignisses zu empfinden, verbunden mit der Sorge um die beteiligten Figuren, und Sie dabei vielleicht ebenso viele Fragen aufwerfen wie Sie beantworten, dann haben Sie das Zeug zu einer gelungenen Szene.

Abfolge von Ereignissen

Konflikt gehört zu einem Plot-Ereignis. Konflikt äußert sich in Form von Konfrontation, der Gegenüberstellung zweier oder mehrerer Kräfte. In unserem sehr einfachen Beispiel ist der Mann allein, aber häufiger treten Konfrontationen zwischen Figuren auf, oder wenn eine Figur auf ein Hindernis trifft. Hindernisse sind Erscheinungsformen der Opposition, vor allem (aber nicht zwangsläufig) einer antagonistischen Kraft in der Geschichte.

Selbst in unserem einfachen Beispiel sehen wir, dass die Figur jetzt die Wahl hat, was sie als Reaktion darauf, dass sie ihr Ziel nicht erreicht hat (aus dem Fenster springen), als nächstes tun kann. Das nächste Plotereignis ist also formal, dass er überdenken und eine neue Entscheidung treffen muss. Dieses neue Ziel, das er sich setzt – vielleicht die Tür zu öffnen – führt zu neuen Wendungen.

Plot-Ereignisse können also Konfrontationen sein oder Szenen der Entscheidungsfindung. Solche Szenen verbinden die Konfrontationen. Für eine Erzählung ist der Wechsel zwischen diesen beiden Arten von Szenen ein entscheidender Aspekt, um eine nachhaltige emotionale Reaktion im Publikum zu erreichen.

Die Frage ist also nicht nur: Wer macht was und zu welchem Zweck?
Ein Handlungsereignis dient dazu, den Leser/Zuschauer emotional zu involvieren. Dies gelingt am besten, wenn es eine Differenz gibt zwischen dem, was die Figur erwartet und dem, was tatsächlich passiert – bestenfalls wird hier mit der Erwartungshaltung des Lesers/Zuschauers gespielt, die in eine bestimmte Richtung gelenkt wird.
Eine gleichmäßige Verteilung von Entscheidungsszenen und Konfrontationsszenen sorgt dafür, dass das Publikum daran interessiert ist, herauszufinden, wie die Geschichte weitergeht.

Das bedeutet auch, dass jedes Ereignis weitere Informationen vermittelt. Das Publikum weiß ein wenig mehr, nachdem es jedes aufeinanderfolgende Ereignis miterlebt hat. Man kann die Ereignisse der Handlung also auch als Informationseinheiten der Geschichte betrachten. Erst wenn das Publikum jedes Ereignis kennt, versteht es die ‚ganze Geschichte‘.


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